Kann man sich mit Menschen gut verstehen, die völlig andere Werte und Ansichten haben als man selbst? Bisher dachte ich immer, das wäre ausgeschlossen. Ich habe während Corona jegliche Diskussion mit Corona-Leugnern/Verharmlosern/Schimpfern schlichtweg umgangen oder mich abgewandt. Bei befreundeten Zweiflern, die im Rahmen dessen Sorgen oder Ängste ausgedrückt haben, war das natürlich etwas anderes!
Na, und dann wäre da noch, dass ich als Juristenkind aufgewachsen bin - mit zwei Eltern, die über Jahrzehnte für den bayerischen Staat gearbeitet haben. Familiär haben wir sozusagen immer das Team Rechtsstaat, soziale Marktwirtschaft, Errungenschaften der Demokratie, Wahlpflicht, Verfassungsgericht, gesetzlich verpflichtete Krankenversicherung, ordentliches Schulwesen etc. angefeuert. Ich habe daher ein großes Grundvertrauen in gut geführte Gerichte, die Ausbildung unserer Ärtze, die Grundversicherung in Krisenzeiten und zusätzlich die Entscheidungsfindung basierend auf wissenschaftlichen Studien.
Andererseits sehe ich mich als Weltenbürger. Was das heißt? Ich finde, ich habe kein Vorrecht auf meinen deutschen Pass - ich hatte einfach nur Glück, in einem Land geboren zu werden, in dem Frieden und Wohlstand die Normalität sind. Aber ich finde, dass jeder Mensch auf dieser Welt das Recht auf diese Lebensbedingungen hat. Daher denke ich, dass jeder Mensch auch ein Recht, diese Bedingungen zu suchen und in einem Land zu finden, das möglicherweise nicht sein Herkunftsland ist. Wir alle auf der Welt müssen dafür sorgen, dass das jeder Mensch so leben kann. Und nicht die Grenzen eines Landes für andere Menschen schließen, in dem wir zufällig geboren wurden.
Ihr fragt euch vermutlich, warum ich über solche Themen schreibe und was das mit einer Weltreise zu tun hat. Die Gespräche mit unseren Wwoof-Gastgebern Judy und Grant, einem neuseeländischen Ehepaar mit sehr netten Kindern und Enkeln, haben mich dazu angeregt, über diese Themen nachzudenken. Auch weil die beiden manches etwas sehr anders gesehen haben als wir.
Das Schöne war, wir konnten Meinungen austauschen und dennoch die des anderen stehen lassen. Ehrlich gesagt, habe ich das selten erlebt, dass man wirklich mit ähnlichen Redeanteilen einfach seine Position darlegt, sich nicht verteidigen muss, sondern einfach sagt, wie man so denkt und der andere hat zugehört. Danach hat der andere hat seine Meinung gesagt und dann hat jeder ein bisschen nachgedacht, glaube ich. Das war ein wirklich positives Erlebnis.
Das Schönste an unserer Wwoof-Station war aber, dass wir uns bei Judy und Grant einfach wohlfühlen durften. Sie haben uns gleich beim Reinkommen gesagt, dass bei ihnen gilt: Feel at home and help yourself. Wir durften also auch bei ihnen kochen, haben jeden Abend mit Grant ein Bierchen auf der Terrasse genossen, hatten ein eigenes Badezimmer und gemütliches Schlafzimmer und waren aber auch immer eingeladen, den Abend mit ihnen im Wohnzimmer zu verbringen. Sie haben uns gemästet, alles über ihr Leben erzählt, alles mit uns geteilt, haben uns die Gegend gezeigt und wir sind sogar zu ihren Kindern mit Enkeln zum Besuch gefahren. Es war Wwoofen, wie man es sich im allerbesten Fall vorstellt. Ein interkultureller Austausch, jeder trägt etwas bei (Grant hat sich in unseren Apfelstrudel verliebt :-) ), man diskutiert die Weltthemen und hat sich nach einer Woche richtig gern.
Außerdem haben Grant und Judy ein paar Charaktereigenschaften, die ich sehr bewundert und genossen habe. Neben ihrer Großzügigkeit und Offenheit, fremde Menschen einfach in ihr Zuhause aufzunehmen, haben uns die beiden sehr viel beigebracht und uns ermutigt, Dinge auszuprobieren. Grant hatte beispielsweise ein Quad - das ist absolut nötig auf einer Farm, man kann circa drei Leute drauf transportieren und jede Menge Gerät. Er hat uns dann erklärt, wir man das Ding fährt, damit wir es in diesen Tagen nutzen können. Als wir dann das nächste Stück zusammen fahren wollten, hat er MICH gefragt, ob ich jetzt nicht fahren möchte. Ich bin Feministin (eine, die für die Gleichberechtigung der Geschlechter ist!), weil unsere Gesellschaft noch lange nicht so weit ist, Frauen dieselben Dinge zuzutrauen wie Männern. Aber dass ein weißbärtiger neuseeländischer mittelälterer Herr zuerst die junge Frau - und nicht den Mann - fragt, ob sie sein Quad fahren will, hat mich trotzdem überrascht. Er hat uns später gesagt, dass er das oft so macht, vor allem auch mit seinen Enkelkindern. Die/Derjenige, der bei etwas am Unsichersten ist oder am meisten Sorgen oder am wenigsten Erfahrung hat, denjenigen fragt und ermutigt er zuerst. Es ist ein tiefes Zutrauen in die schüchterneren Menschen der Weltbevölkerung und ein toller Charakterzug, jungen Menschen neue Erfahrungen und mehr Selbstvertrauen zu ermöglichen. Entgegen jeglicher Vorurteile, seien es das Alter, das Geschlecht oder die Herkunft. Grant und Judy haben in uns eigentlich nur gesehen, dass wir alles lernen können, wenn wir wollen. Und Grant hat wirklich nicht an Lob gespart, als er uns dann behutsam, aber mit demselben Zutrauen wie für das Quad oder das Traktorfahren, Motorsägen verschiedener Größen in die Hand gedrückt hat.
Wir hatten viel Spaß, wir haben neue Menschen richtig kennengelernt, wir haben viel gelernt und wir hoffen, dass wir für Grant und Judy gute erste Wwoofer waren. Sie haben auf jeden Fall weitergemacht und uns ein total süßes Review geschrieben:
Friendly, helpful and positive
Wow, what a wonderful couple Tobi and Johanna are. We have enjoyed their week stay with us very much. They have been willing, capable and keen to learn and try new things including using farm machinery and the quad, which they both did very well. Both are passionate about sustainable living and organic growing and they have some real dreams to live and farm that way when they return home. Judy and I wish them all the best for their future together and, knowing that they are genuine, honest and strong, have no doubts they will achieve their plans. Well done, travel safely and thank you again.
Ps: The apple strudel was fantastic!
Pps: Die Fotos, die augenscheinlich nicht vom Farmleben erzählen, stammen von zwei Ausflügen! Einmal zu einem nahegelegenen Wildfluss und einmal zum Lake Takepo, eine faszinierende Landschaft mit kargen Hügel und einem tiefblauen See.
WIR SUCHEN EINEN HOF
In aller Kürze
1. 4-10 Hektar landwirtschaftliche Flächen mit kleinem Haus gesucht
2. in Oberbayern oder der Bretagne
3. Wir sind ein motiviertes, hart arbeitendes und gut gelauntes bayerisches Paar.
Was wir suchen
Wir suchen möglichst zusammenhängende landwirtschaftliche Flächen, circa 4 bis 10 Hektar mit einem kleinen Wohngebäude oder der Möglichkeit ein kleines Haus zu bauen. Weitere Schuppen, Geräte etc. sind sehr willkommen.
Gemüse- und Obstanbau, Imkerei und Kleintierhaltung wäre unsere Vorstellung, Hannis zukünftige Pferdekoppel nicht zu vergessen.
Für uns ist nur ökologischer Landbau als Bewirtschaftungspraxis denkbar – ein Hof in Umstellung, oder einen Hof, den man umstellen kann, wären aber ebenfalls super.
Wer wir sind
Wir sind ein junges Paar Anfang dreißig auf der Suche nach einem Bio-Hof, den wir in Zukunft bewirtschaften wollen. Tobi ist von Hauptberuf Seelsorger und hat, neben mehreren Almsommern, bereits das Bildungsprogramm Landwirt erfolgreich absolviert. Hanni war in den letzten Jahren Geschäftsführerin des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und beschäftigt sich seit langer Zeit mit Landwirtschaft & Umweltschutz. Zusammen haben wir 2022 die Halsalm im Nationalpark Berchtesgaden mit Milchkühen, Jungtieren, eigener kleiner Käserei und Almausschank bewirtschaftet. Derzeit sind wir weltweit unterwegs und lernen auf Biohöfen mehr über die praktische Landwirtschaft – von der Arbeit mit der Motorsäge bis zur Blaubeerernte.
Die Freude, eigenes Gemüse/Obst anzubauen, mit Tieren zu leben und täglich in der Natur zu sein, ist für uns ausschlaggebend geworden, um in die praktische Landwirtschaft zu gehen. Wir sind nicht blauäugig, sondern sehr überlegt, wir sind zufrieden ein körperlich anstrengendes Leben auf dem Land zu führen und wir sind glücklich, dass wir zu zweit diese Lebensweise verwirklichen wollen. Sowohl eine Neben- als auch Vollerwerbslandwirtschaft sind denkbar.
Wo
Am liebsten würden wir in der Nähe unserer Familien und Freunde bleiben, das bedeutet im südlichen Oberbayern: nördliche Grenze in etwa die A8 nach Salzburg, westliche Grenze wäre das Allgäu, östlich und südlich könnten es auch ein wenig nach Österreich hineingehen. Sollte jemand ein Grundstück in der Bretagne kennen, das in Meeresnähe liegt, wäre das ebenfalls eine realistische Option.
Finanzierung
Leider sind wir keine Millionäre – daher sind wir darauf angewiesen, dass entweder jemand unsere Idee eines nachhaltigen Hofs super cool findet und uns einen tollen Preis macht oder dass wir uns mit den bisherigen Besitzer*innen auf ein Leibrentenmodell oder eine Pacht einigen. Oder wir finden eine Stiftung oder ein alternatives Finanzierungsmodell, mit denen wir Land kaufen können oder es für eine Institution bewirtschaften. Ideen und Kontaktaufnahmen herzlich willkommen.
Weitere Ideen
Die Zusammenarbeit mit Schulen, die Belieferung einer Ökokiste, ein kleines Hofcafé, ein Stand auf Wochenmärkten, internationale Programme wie Wwoof (wordwide opportunities on organic farms), politisches Engagement für die Region – oder für ganz Europa im Bereich einer enkeltauglichen Landwirtschaft sind für uns denkbar!
Jetzt brauchen wir eure Hilfe
Bitte haltet die Augen und Ohren offen und meldet euch bei uns – auch wenn die Ideen für eine Hof-/Finanzierungsübernahme oder eventuelle Kontakte weit entfernt erscheinen. Jede kleinste Möglichkeit kann uns weiterhelfen und wir sind bereit all diesen Tipps zu folgen, um einen Hof in unserer Heimat oder Wahlheimat zu finden.
Vielen, vielen herzlichen Dank schon einmal an euch ALLE für alle Hinweise und Ideen und bis hoffentlich ganz bald auf unserem eigenen Bio-Hof!
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