Angekommen
Tauchkurs, Langstrecke, Indonesien

Heute Abend haben wir mit unserem Tauchlehrer Yustus Cocktails getrunken, zum Cinderella-Lied der indonesischen Belegschaft getanzt und mit unseren neuen deutsch-schweizerisch-finnischen Tauchfreunden gescherzt und gegessen. Im Hintergrund rauschte leise die Celebessee in unserer geschützten Blue Bay, die zwei Haushunde Maxi und Puti strichen uns um die Beine, die Moskitos freuten sich über Frischfleisch und manchmal krachte eine Kokosnuss von einer Palme.
So fühlt es sich an, wenn man nach knapp einer Woche im Norden Sulawesis, einer der unbekannteren Inseln Indonesiens, in einem deutsch-indonesischen Tauchresort heimisch wird. Unser Bungalow steht direkt am Meer (neben den Palmen) und es hat kulturell passend ein sogenanntes Mandi und keine Dusche. Man schöpft sich einfach Wasser über den Kopf - und das am besten mehrfach am Tag, denn Hitze und Luftfeuchtigkeit sind schlichtweg tropisch.
Am meisten halten wir uns jedoch unter Wasser auf, denn wir haben beschlossen, tauchen zu lernen. Was uns nicht klar war, ist, dass Tauchen nicht nur eine Freizeitbeschäftigung ist, die man mal machen kann. Oh nein, wer taucht, tut das mit Haut und Haaren bzw. teilweise ohne Haare, um stromlinienförmiger zu sein, aber vor allem mit Neoprenanzug, Neoprenschuhen, Flossen, Maske, Luftflasche (sackschwer!), Bleigewichten, Tauchjacket und einem Regulator, Inflator, zweitem Regulator, Finimeter und Tauchcomputer. Wahlweise noch Neoprenstirnband, Haube, Kamera, Sticks etc. Ehrlich gesagt, schaffe ich es fast nicht ins Wasser mit der Ausrüstung, weil sie so schwer ist.
Aber nun doch von Anfang an: Am 08. November haben wir an einem strahlend schönen Tag unsere bayerische Heimat verlassen. Mit elterlichem Beistand haben wir es zum Flughafen und schließlich hinter die Sicherheitskontrolle geschafft. Da war uns klar, dass unser nächstes Abenteuer jetzt anfängt.
Allerdings ist uns auch aufgefallen, dass wir unser letztes Abenteuer - die Halsalm bewirtschaften - noch gar nicht so richtig verdaut haben. All die lieben Menschen und die Kühe, die Berge und das Heu, der Tagesrhythmus - vielleicht kommt dazu nochmal ein Blogeintrag.
Beim Fliegen hatten wir sehr viel Glück, wir hatten eine Reihe für uns und dazu noch ganz vorne, wo man extra viel Platz hat. Warum die Crew nicht wollte, dass ich mich dort auf den Boden lege, um halbwegs zu schlummern, habe ich nicht ganz verstanden. Den Flug haben wir mehr oder weniger im Delirium verbracht: halb schlafend, halb dösend, sich herumwälzend im Sitz, mit wie immer gruseligem Flugzeugessen und unfassbar viel Verpackungsmüll - mit großen Bedenken und mehreren Tränen. Ich glaube, ich war völlig durch von den vier Wochen vorher, in denen wir in großem Stress versucht haben, alle Arzttermine zu schaffen, alle Impfungen zu besorgen, alle Ausrüstungsgegenstände zusammenzubestellen, möglichst viele liebe Menschen zu treffen etc. Und natürlich fängt man in diesem Dämmerzustand auch immer wieder an zu überlegen: Warum machen wir das? Wieso bleiben wir nicht in Deutschland? Warum haben wir unsere gemütliche Wohnung aufgegeben? Was sollen wir später arbeiten bzw. unser Geld verdienen? Wird es der Familie und allen Freunden in der Zwischenzeit gut gehen? Werden alle Beziehungen halten? Nun, gottseidank sind wir zu zweit und auch der längste Flug geht einmal zu Ende.
Der Flughafen in Singapur flasht einen dann erneut, dort gibt es sogar einen Schmetterlingsgarten... und schließlich der Flug nach Manado, einer größeren Stadt im Norden Sulawesis. Spätestens hier dämmerte uns, dass Sulawesi vor allem von Tauchern besucht wird - aus aller Welt, denn es gibt hier eine unglaubliche Unterwasserwelt, die noch relativ intakt ist. In Manado am Flughafen wollte man uns schließlich nicht durchlassen, weil wir kein Ticket zur Weiterreise hatten. Dass man Indonesien mit dem Schiff verlassen kann, hat man uns nicht durchgelassen. Aber Backpacker sind ja gut vernetzt und so haben wir eine Seite gefunden, auf der es stornierbare Flugtickets gibt und durften schließlich doch einreisen.
Von unserem coolen kleinen Tauchresort wurden wir von einem Fahrer abgeholt, der uns schließlich an einem winzigen Hafen auf ein Boot setzte, das bis dahin nur von Einheimischen belegt war. Das Hallo war groß, irgendwie fanden uns alle urkomisch. Im Nachhinein betrachtet verstehe ich das besser: wir waren (und sind es vermutlich noch) unglaublich blass, hatten lange Hosen und Wanderschuhe an und schauten sicherlich etwas verwirrt. Inzwischen glaube ich nicht mehr ganz, was ich meiner Mama versichert hatte, nämlich, dass man in jedem Land Schuhe kaufen kann. Hier läuft exakt niemand mit etwas anderem als Flipflops herum und seit dem ersten Abend hier auf der Insel Sahaung haben auch wir unsere Schuhe nicht mehr gesehen...barfuss oder Schlappen oder höchstens noch Tauchschuhe sind die Devise, alles andere wirkt quasi außerirdisch.
Naja, und jetzt sind wir wirklich genau da angekommen, wo sich viele Menschen hinträumen. Unter Kokospalmen, Bananenstauden, mit weißen Sandstränden, Bungalows aus Holz mit Hängematte, Geckos und Krabben und einer wunderschönen Bucht.
Das bringt mich zurück zum Tauchen :-). Warum wir hier noch auf keinem Hof sind, fragt sich bestimmt der ein oder andere. Ehrlich: Wir brauchen erstmal Urlaub, nachdem wir den Sommer durchgearbeitet haben. Und wir möchten eine Wwoof-Weltreise machen, wir werden also immer wieder mal Reisen und immer wieder vor Ort auf Höfen helfen. Das Tauchen lernen ist sogar im Grund genommen, eine heftige Fortbildung; wir möchten gerne unsere Fähigkeiten in allen möglichen Formen erweitern. Man liest stundenlang Theorie im ersten Kurs, dem sogenannten Open Water Diver, und lernt unglaublich viel über Luft&Wasser, atmosphärischen Druck, die Anatomie des menschlichen Körpers und schließlich lernt man eine unfassbare Welt kennen, die man über Wasser nicht mal erahnen. kann. An dieser Stelle ganz lieben Dank an alle, die uns zum Tauchen ermutigt haben, uns ganz unerwartet wertvolle Startinfos gegeben haben (@Sebastian Waldemer) und schließlich an unseren genialen Tauchlehrer Yustus, der direkt hier von den Inseln stammt, hervorragend Englisch spricht und eine Engelsgeduld mit Neulingen hat. Inzwischen haben wir sieben Tauchgänge mit ihm gemacht, vier zur Ausbildung und drei sogenannte Fun Dives, in denen er uns aber auch unter seine Fittiche genommen hat. Wir sind jetzt zertifizierte Taucher und dürfen überall auf der Welt Tauchequipment ausleihen und zusammen bis 18m Tiefe tauchen. Wer tauchen lernen will, der kann dies hier, bei den Blue Bay Divers an einem wunderschönen Ort wunderbar lernen! Wir vermitteln gerne den Kontakt. Mit am schönsten ist aber eigentlich der Umgang untereinander in der Tauchcommunity. Manch einer hatte hier über 5000 Tauchgänge - aber jeder Anfänger wird freundlich willkommen geheißen, man bekommt auf jede noch so grundlegende Frage eine geduldige Antwort und Hinweise, falls man etwas Wichtiges nicht fragt ;-). Und schließlich wird man - nach erfolgreichem Abschluss des Kurses - fest in die Arme geschlossen!
In die Unterwasserwelt einzutauchen ist genial - ich hatte früher immer ein wenig Angst vor dem Wasser, insbesondere im Meer. Aber jetzt weiß ich, dank Theorie und Praxis, dass man sich wirklich keine Sorgen machen muss und vor allem, was mich auch unter Wasser erwartet. Die Welt ist wieder ein bisschen weniger fremd geworden für mich. Aber sie wird immer faszinierender, allein gestern und heute haben wir Steinfische (sehr grantig aussehende Wesen!), Scorpionfische, einen winzigen Korallenshrimp, azurblaue Drückerfische, bunteste Nacktschnecken, einen Kuhfisch (passender gehts ja wohl nicht), einen Kugelfisch, einen schwarz-weißen Jungaal, einen Geist-Pfeifen-Fisch, eine Zebra-Muräne, Christbaum-Würmer sowie Nemo und seinen Papa (Clownfische) als Highlights gesehen und dazu unzählige weitere bunte Fische und Korallen in allen Formen und Farben. Das alles zu genießen und zu beobachten ist für einen Tauchanfänger übrigens gar nicht so leicht, man ist meistens mit atmen, Druckausgleich für die Ohren machen, grad im Wasser liegen, nicht auf den Grund aufkommen und auf seinen Partner achten beschäftigt. Aber Tauchgang für Tauchgang macht es mehr Spaß!
Ich schließe mit dem Motto der Blue Bay Divers, das wir hier täglich befolgen: Sleep, eat, dive - repeat!
Ps: Unterwasser konnten wir keine Bilder machen... aber das ist eigentlich das Faszinierende am Unterwasser-Sein für uns. Wir haben davon keine fotographischen Eindrücke - nur die Erinnerung und das Erleben selbst. Für unsere foto-affine Welt ist das eine wohltuende Besonderheit. Aber vielleicht darf ich mal Fotos von unseren neuen Tauch-Buddies posten!