Gestresste Zwischenzeiten

Hanni • 1. November 2022

14 Impfungen und das nicht mal gegen Corona


Auf dem Bild sieht man nur drei von fünf - was? Na, Impfungen für unsere Reise! Vor ca. zwei Wochen haben wir begonnen, uns intensiv auf unsere Wwoof-Weltreise (WorldWide Opportunities on Organic Farms) vorzubereiten. Dazu gehört - sicherheitsbesorgt wie wir sind - uns alle Impfungen geben zu lassen, die verfügbar sind. Dass das Schlagwort "verfügbar" zum Problem werden könnte, hatten wir vor unserem ersten Besuch im Münchner Tropeninstitut nicht auf dem Schirm.


Dort sind wir frohgemut hineinspaziert und wurden erstmal aufgeklärt, dass wir online unsere Termine falsch gebucht haben. Eine Beratung für eine Weltreise dauert nämlich normalerweise länger. Aber man hatte Mitleid mit uns (ich nehme an, dort haben sie öfter Mitleid mit Verwirrten Vor-Reisenden) und wir wurden zu einem sehr netten Arzt bugsiert, der sogar noch zwei Arztpraktikanten bei sich hatte. Was folgte, war bühnenreif. Der Arzt sprang zunächst (ungelogen!) auf die Patientenliege und fragte: "Na, wo wollen Sie denn hin auf der Weltreise?". Er verfolgte unsere Träumerein von Indonesien über Australien, Neuseeland und ganz Amerika mit dem Finger auf der Weltkarte. Dann wollte er noch wissen, ob wir auch nach Afrika wollten. Wir sagten, erstmal sei das noch nicht geplant, aber wer weiß? Er deckte schließlich mit der Hand ganz Mittelafrika ab und sagte: "Also, wenn Sie sich was einfangen wollen, dann fahren sie hierhin!"


Wir waren leicht schockiert, aber es ging gleich weiter. Er fing an, unsere zerfledderten Impfpässe weiter zu zerfleddern und machte sich die wirrsten Notizen, die ich je auf einer Tabelle (an sich hübsch geordnerte Übersicht des Tropeninstituts für alle Impfungen) gesehen habe. Es ist KEIN Wunder, dass ich am Ende mit einer Impfung zu viel aus dem Zimmer kam, die an der Kasse kein Mensch mehr zuordnen konnte. Die Sprechstundenhilfe ging also wieder ins Zimmer und fragte, warum ich denn fünf statt vier Impfungen bekommen hatte und sagte dann etwas kleinlaut zu mir, dass ich die fünfte auch nicht zahlen müsse, die wäre eigentlich nicht vorgesehen gewesen... aber sie würde natürlich absolut nicht schaden, das war nur nochmal Tetanus.


All das wäre kein Problem gewesen, doch leider fehlte im Tropeninstitut ein Impfstoff, der in ganz Deutschland vergriffen ist - und zwar gegen Japanische Enzephalitis. Der nette Artzpraktikant von der Bundeswehr, der die gesamte Beratung mitbekommen hatte, hat uns ziemlich eindringlich geraten, dass wir diese aber brauchen; insbesondere, wenn wir auf Feldern mitarbeiten. Auch in der Truppe sei das derzeit schwierig - vielleicht sollten wir uns nochmal genau überlegen, ob wir denn zum Beispiel auch wirklich nach Ost-Timor wollten. Vorsichtig deuteten die Ärzte an, es habe schon seinen Grund, warum dort, ehrlich gesagt, nicht so viele Leute wohnen. Hm, mich hat das sehr zum Nachdenken gebracht; warum wollen wir in Gegenden, die manche Menschen lieber verlassen wollen? Doch dazu in einem anderen Blogartikel mehr!


Wäre das Impfthema nicht in aller Munde, käme uns das, was wir derzeit tun, vielleicht gar nicht so erstaunlich vor. Doch unsere Gesellschaft hat sich damit ja in den letzten Jahren ausführlich beschäftigt, dass ein anderer Blick vielleicht ganz interessant für unsere Leser*innen (und für uns sowieso) ist. Uns ist eine gesundheitliche Vorsorge durch Impfungen auf jeden Fall so wichtig, dass Tobi in den letzten Tagen schließlich nach Kufstein gefahren ist, um den Impfstoff noch zu bekommen. Den, den wir über eine internationale Apotheke in Deutschland bestellt haben, ist noch immer nicht da. Vom Preis ganz zu schweigen! In Österreich ist das alles kein Problem, da ist er vorrätig. Die restliche Welt hat jedoch aufgrund von Rohstoff-Engpässen, globalen Lieferketten und weiteren komplexen Zusammenhängen ein echtes Problem damit.


Wir spüren an diesen Dingen vor allem, wie privilegiert wir hier in Deutschland sind. Wir können uns aussuchen, ob wir geimpft werden wollen, wir fahren kurz in ein anderes EU-Land, falls hier etwas nicht vorrätig ist und wir haben die finanziellen Mittel, uns all diese Medikamente kaufen zu können. Mir wird in unserer Reiseplanung immer mehr bewusst, welcher Luxus es ist, dass wir monatelang auf Reisen gehen können - bestens versorgt vor, während und nach der Reise. Ich hoffe sehr, dass wir den Menschen, denen wir begegnen, etwas von unserem Reichtum abgeben können in Form unserer Arbeitskraft und einem Beitrag zu einer friedlichen globalen Verständigung. Tollwut, Gelbfieber, Typhus, Windpocken, Zecken, Malaria oder jetzt die japanische Enzephalitis werden uns auf jeden Fall keinen Strich mehr durch die Weltrechnung machen :-).

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